*Geschichten einer Auslaenderin* |
Montag, 9. Juli 2007
Reise nach Nignij Nowgorod
auslaenderin, 17:57h
Zuerst muss ich ein paar Woerter ueber den Namen dieser Stadt, die nord-oestlich von Moskau liegt, schreiben: Woertlich uebersetzt heisst sie “die niedrige Neustadt”. Nignij (“g” spricht man wie derselbe Buchstabe im Worte “Orange” aus) Nowgorod ist auf keinen Fall mit Welikij Nowgorod zu verwechseln – die zwei Staedte haben miteinander wenig zu tun. (Bitte nicht sofort “Ach, diese Russen!” sagen. Es gibt ueberall genug verwechselbare Namen – ein Beispiel dafuer sind zwei Nebenfluesse des Rheines: “Ruhr” und “Rur”.) In Zeit der Sowjetmacht hat die Stadt einen anderen Namen getragen, naehmlich Gorkij – nach dem Pseudonym eines russischen Schriftstellers, der aus Nignij Nowgorod stammte. Diesen Namen trifft man immer noch oft in Literatur und sogar Bahnhoefe, obwohl heutzutage heisst die Stadt wieder offiziel Nignij Nowgorod. Draus ergibt sich eine einfache Formel: Gorkij gleich Nignij Nowgorod ungleich Welikij Nowgorod. :)
So, nun faengt der Reisebericht an. Am Freitag abend (30. Juni) sind wir mit dem Express-Zug von Dubna nach Moskau gefahren. Es dauerte ein bisschen weniger als zwei Stunden. Diesen Weg kenne ich seit meiner Kindheit: Die Stationen, deren Namen an den Kanalbau (s. “Reise nach Russland”) erinnern; der Kanal selber, der sich ab und zu hinter einem Wallgraben sehen laesst; die Baeume im Wald, die waehrend meiner Abwesenheit groesser geworden sind… In Moskau mussten wir ca. 2 Stunden warten – die Atmosphaere neben Bahnhof gefiel uns nicht, aber wir hatten keine Ahnung, wo wir diese Zeit ansonsten verbringen koennten. Danach gingen wir in den Zug, der viel besser und bequemer aussah als die, mit denen wir frueher verreisten, da gab es modernere Materialien, alles war sauber und angenehm. Die Menschen, die mit uns im Wagen waren, ebenso. Eine Tante, die die Zuege oft benutzt, sagt, dass sie alle teuerer und besser geworden sind. Ich glaube, ich muss Ihnen noch erklaeren, was das fuer einen Zug war, denn fuer Europaeer ist diese Art ehhhher ungewohnt. Stellen Sie sich ein Wagen mit mehreren Fenstern auf beiden seiten vor. Einerseits befinden sich jedem Fenster entlang zwei sogenannte Schlafregalen (= Schlafplaetze) – eine oben, eine unten, dann gibt es einen Durchgang und andererseits senkrecht zu jedem Fenster noch zwei Schlafregale unten und zwei Schlafregale oben. In der Mitte bei dem Fenster gibtes einen Tisch, unter den niedrigen Schlafregalen – Platz fuer Koffer, ganz oben – Platz fuer Bettwaesche und Matratzen. Diese Art heisst “Platzkarte”. Wenn es da nur vier Schlafregale (zwei oben, zwei unten) gibt, die vom Durchgang durch spezielle Tuere getrennt sind, heisst es auf Russisch “Kupe”. Kupeticket ist teuerer, deshalb ist Platzkarte populaerer. (Ich hoffe nun, dass ich die ganze Sache erklaert habe und nicht umgekehrt.) Die Fahrt Moskau - Nignij Nowgorod dauert mit diesem Zug ca. 6 Stunden. Heutzutage existiert auch einen Zug, der fuer diesen Abstand 4 Stunden benoetigt, da kann man leider nur sitzen. Deswegen haben wir erste Variante bevorzugt. Die Nacht haben wir also im zug verbracht – das ist mir auch seit meiner Kindheit bekannt. Ich empfinde sowas immer als romantisches Abenteuer. Fast den ganzen ersten Tag verbrachten wir bei meiner Oma namens Tomara (kurz Toma) in ihrer Zwei-Zimmer-Wohnung. Da leben wir immer, wenn wir in Nignij Nowgorod sind. Die Oma Toma… nein, das klingt schrecklich… sagen wir lieber fast auf Russisch Babuschka Toma… also sie ist fast 80-jaehrige Mutter meines Vaters und gleichzeitig ein exklusover Mensch. Wenn ich mit ihr nicht mehrmals gelebt haette, haette ich nicht geglaubt, dass es so einen Menschen geben kann. Ich beschreibe weiteres spaeter in den Kommentaren. ... comment
auslaenderin,
Freitag, 13. Juli 2007, 21:04
Meine Familie
Ich weiss, dass es in erste Linie fuer mich interessant ist, aber schreibe es trotzdem auf, denn die Geschichte meiner Familie (wie der anderen auch) ist mit der Geschichte des Landes einigermassen verbunden. Ausserdem gibt es hier ein paar Aufklaerungen ueber meine Verwandten, die auch spaeter erwaehnt werden. Ich mache daraus einen Kommentar, damit meine Leser, die es nicht fuer wichtig halten, das ruhig ueberspringen koennten. ;)
Die Vorfahren meiner Mutter und meines Vaters stammen aus verschiedenen Doerfen bei Nignij Nowgorod. Von der Familie meines Vaters kenne ich nicht viel ausser einer komischen, aber wahren Geschichte: Die Mitglieder dieser Familie, wo es Lehrer (also Intelligenten) gab, war mit den Mitglieder der Familie eines Dorfpfarrers (damals eher wenig Ausgebildete) Erbfeinde. Als mein Urgrossvater (der Vater des Vaters meines Vaters) geboren wurde, sollte er nach christlicher Tradition vom Pfarrer getauft werden und gleichzeitig seinen Namen aus spezieller Liste bekommen. Der Pfarrer hat die Rache nicht vergessen und gab meinem Urgrossvater den wildesten und unbekanntesten Namen, der er in seiner Liste finden konnte, naemlich “Feofan”. (Ich muss hier noch verdeutlichen, dass in Russland jeder sowohl damals als auch heute einen Vatersname hat. Beispiel: Vater heisst Vladimir, der Vorname seines Sohnes ist Iwan => die hoeffliche und respektvolle Anrede an Sohn ist “Iwan Vladimirowitsch”. Wenn derselbe Vater noch eine Tochter namens Tatjana hat, ist die hoeffliche Anrede an Tochter “Tatjana Vladimirowna”. Der Vatersname wird sehr oft benutzt, z. B. ein Schueler sagt zu einem Lehrer nicht “Herr Iwanow”, wie es in Deutschland waere, sondern “Iwan Iwanowitsch”). Als mein Grossvater geboren wurde, gab ihm ein Pfarrer aus derselben Feind-Familie einen genauso ungewoehnlichen Namen – Weniamin. Mein Grossvater hiess also Weniamin Feofanowitsch. Versuchen Sie diesen Namen laut auszusprechen, und sie werden verstehen, dass es verdammt schwierig ist, fuer Russen ebenso! Die Rache der Pfarrerfamilie ist gut gelungen, denn der Vatersname meines Vaters – “Weniaminowitsch” – wird auch heute als ein bisschen merkwuerdig wahrgenommen. Dieser Grossvater namens Weniamin Feofanowitsch, den meine Schwester noch gesehen hat und ich nicht, ist spaeter nach Nignij Nowgorod umgezogen und eine gute Arbeitsstelle an einer Fabrik, die sich haupsaechlich mit militaerischen Maschienen wie Flugzeuge oder Schiffe beschaeftigt hatte, bekommt. In Nignij Nowgorod gab es in der Zeit der Sowjetunion mehrere solche Fabriken, infolgedessen war die Stadt fuer Auslaender vollkommen geschlossen. Der Grossteil der staedtischen Bevoelkerung hat da gearbeitet (die Arbeitszeit war viel laenger als heute, es gab nur einen Wochenendetag pro Woche, Feiertage gab es auch weniger als heute), deswegen galten die Menschen da als unfreundlich. Nichts fuerchtete die Sowjetmacht so stark wie Verlust der neuen Waffenmodellen und Abfluss von Geheiminformation nach Ausland. Manche dieser beruehmten Fabriken funktionieren immer noch, obwohl die Perestojka den ganzen Mechanismus solcher Herstellung zerstoert hat. Babuschka Toma hat auch da gearbeitet. Sie ist, wie ich schon oben erwaehnt habe, ein ungewoehnlicher Mensch. Mit 80 Jahren besitzt sie viel mehr Energie als 20-jaehrigen. Als ich ihre Wohnung sah, wusste ich, dass sich hier nichts aenderte. Babuschka Toma hat da 20 Jahre keine Renovierung meht gemacht, aber die Wohnung ist sehr sauber. Dabei benutzt die Oma keine moderne Putzmittel – ich habe keine Ahnung, wie sie solchen Effekt erzeugt, aber ich weiss, dass es verdammt schwer sein muss. Ich vermute, dass es zu einer Manie geworden ist, weil diese Frau ohne sinnvolle Beschaeftigung nicht leben kann. Sie steht immer um 5 Uhr auf, egal, wenn sie ins Bett geht, und macht verschiedene Sachen. Im Fruehling und Sommer geht sie morgens um 10 Uhr in “Garten” zusammen mit ihrer Tochter (meiner Tante) Natascha. Dieser typische fuer Russland 400 Quadratmeter grosse Garten befindet sich ausser Stadt in 30-Minuten-Entfernung vom Hochhaus, wo die Oma wohnt. Den Bereich, wo sich diese Privatgaerten befinden, kann man vom Bezirk der Oma nur zu Fuss erreichen. Da arbeitet sie wie eine Sklavin, und zwingt die Tante Natascha, dasselbe zu machen. Alle, die da etwas verstehen, behaupten, dass es ein Vorbildsgarten ist. Ich glaube das auch, denn keiner kann und will so viel Arbeit leisten wie die Oma. Das Laecherliche daran ist, dass die Oma selber fast nichts aus diesem Garten benutzt und den Grossteil der Ernte kostenlos den Bekannten und Nachbarn gibt. Die Tante Natascha jammert, dass sie kein Mann und kein Pferd ist, um solche schwere Arbeit zu erledigen, aber sie kann die Oma die Sache nicht alleine machen lassen. Mein Gott, ist sie bedauernswert!.. Der Gedanke, weniger Pgflanzen wachsen lassen, wird von Babuschka Toma niemals akzeptiert. Ich glaube, sie macht das, um sich selber zu respektieren. Die Arbeit ist fuer sie der Sinn des Lebens - man kann ja sagen, dass es das Ergebnis der sowjetischen Erziehung ist, aber ich weiss zu gut: In Wirklichkeit verhaelt sich keiner mehr so… Wenn wir oder noch irgendwer bei ihr zu Gast sind/ist, macht sie auch alles alleine. Auf die Fage “Soll ich helfen?” bekommt man niemals eine andere Antwort als “Nein, das schaffe ich schon!” Wenn man trotzdem davon ueberzeugt ist, dass man ihr helfen will, muss man jedes Mal einen Kampf um dieses Recht durchhalten. Ich glaube, sie nimmt es als eine Art Beleidigung wahr, denn es ist nach ihrer Meinung ein Zeichen dafuer, dass es den Gaesten irgendetwas nich gefaellt und sie etwas anders machen wollen. Sie braucht nichts und lebt gut. Sie hat keinen Geschmack, spricht immer, wiederholt staendig dasselbe und unterbricht immer wieder das Gespraech. Die Kontrolle gehoert auch dazu: “Wo ist der? Was machst du? Wofuer?” Das alles schafft eine unterdrueckende Atmosphaere, obwohl sie ohne jeden Zweifel vernuenftig und klug ist und uns liebt. Wir sie – ebenso. Und noch eine positive Seite: Sie kocht die traditionelle Gerichte wie eine Goettin. Das Aussehen meiner Schwester ist ein bisschen mit dem vom junger Babuschka Toma auf den alten Bildern aehnlich. Von der Familie meiner Mutter weiss ich ein bisschen mehr, denn sie erinnert sich noch an die Zeit, wenn sie und noch 6 Familienmitglieder in zwei Zimmern (Gesamtflaeche = 22 Quadratmeter) einer typisch sowjetischen WG ganz gluecklich wohnten. Ihre Oma – meine Urgrossmutter – war als 18-jaehriges Maedchen in ihrem Dorf eine Revolutionaerin (damals hatte sie selbstverstaendlich nicht gedacht, dass spaeter sie vor bestimmtem Modell der schwarzen Autos und vor Lautsprecher Angst haben wird – sie waren die Zeichen der Repressionen und des Krieges, was die sowjetische Macht mit sich gebracht hat). Sie und ihr Mann, mein Urgrossvater, sind relativ frueh nach Nignij Nowgorod umgezogen. Das waren die Menschen fast ohne Ausbildung (4 Klassen Kirchenschule, wo sie das Lesen, Schreiben und Zaehlen lernten, kann man heute bestimmt nicht als Ausbildung klassifizieren), aber mit gutem Geschmack und nicht nur materiellen Beduerfnisse. Aus solchen einfachen Menschen – Arbeiter und Bauer – wie die Mitglieder der Familien meines Vaters und meiner Mutter bestand der Grossteil der damaligen Bevoelkerung der Sowjetunion. Der Kommunismus gab ihnen alles – Wohnungen, Ausbildung, Arbeitsplaetze – kurz gesagt Zukunft fuer sie und ihre Kinder. Mein Urgrossvater war eine bemerkungswerte Persoehnlichkeit, denn alle, die ihn kannten, erinnern sich an ihn als an etwas Besonderes. Er war stark, strickt und temperamentvoll, obwohl er diese Eigenschaft verbergen wollte. Alle glauben, dass er “suedlichergg Blut” hatte, denn auch sein Aussehen stark ausgepraegte Nationalmerkmale hatte, die fuer in Sueden lebende Menschen typisch sind. Es gab Geruechte, dass unter seinen Vorfahren ein fremder Zigeuner war, meine Mutter denkt aber, dass es ein Kosak war. Die Wahrheit wird keiner mehr finden. Mein Urgrossvater und meine Urgrossmutter hatten 5 Kinder (Alexander, Soja, Nikolaj, Alla, Walentina – ich habe sie alle mehr oder weniger gekannt), die viel vom “suedlichen Blut” sowohl im Aussehen, als auch im Charakter geerbt haben. Walentina ist meine Oma, sie und ihr Mann haben auch an einer Fabrik (s. oben) gearbeitet. Ich kannte sie schlecht, sie starb, als ich noch relativ klein war, diesen meinen Opa habe ich auch ueberhaupt nicht gesehen. Er ist an einer Berufserkrankung gestorben – aber damals wurde dieser Bereich noch nicht erforscht. Alexander hatte eine gute Karriere gemacht und lebt heutzutage in Moskau, seine Enkelin Ewgenija (kurz “Genja”, “g” spricht man in dieser Kurzform wie denselben Buchstaben im Worte “Orange” aus) war bei Alla zu Besuch, als wir diesmal in Nignij Nowgorod waren. Alla – ich nenne sie “Tante”, obwohl es falsch ist, denn sie ist die Tante meiner Mutter – lebt in Nignij Nowgorod, die kenne ich am besten. Sie ist ein wunderbar gutter, emotioneller und “warmer” Mensch, und heutzutage die “naeherste” Verwandte fuer meine Mutter (ich meine, die haben die engsten Beziehungen zu einander). Es ist sehr schade, dass Alla keine Kinder hat. Wir finden, dass mein Aussehen mit ihrem ein bisschen aehnlich ist, und meine Nase im Gegenteil zur Nase meiner Mutter die Spuren des “suedlichen Blutes” meines Urgrossvaters aufweisst. Soja und Nikolaj pflegten die Beziehungen zu der Familie weniger und taufen in Erzaehlungen meiner Mutter kaum auf, ich weiss nur, dass Soja in der Ukraine gelebt hat und dass die beiden vor einigen Jahren gestorben sind. ... link
auslaenderin,
Freitag, 13. Juli 2007, 21:05
Tagesbericht
Wenn Sie meinen Alltag nicht besonders spannend finden, kann ich Ihnen empfehlen, in erster Linie den Teil “Mittwoch” zu lesen – da gibt’s mehr ueber altes Zentrum und Geschichte der Stadt.
1. Tag – Sonntag Den verbrachten wir fast ausschlisslich bei Babuschka Toma, abends besuchten wir Alla und Genja. Es freut mich, dass Alla und ueberhaupt die Verwandten der aelteren Generation gut aussehen und aktiv sind. Genja haben wir zuvor zwar gesehen, aber ein bisschen naeher kennengelernt haben wir sie erst am diesen Tag. Ich glaube, dass sie die typische moderne moskauerische Erziehung hat: Sie behauptet, dass man nur in Moskau leben kann; ihrer Meinung nach ist es uncool, hier in Nignij Nowgorod etwas schoen zu finden; Nur in Moskau kann es etwas richtig Gutes geben. Das war natuerlich nur Hintergrund – ansonsten kann ich sagen, dass sie nicht dumm ist und ich mit sie keine Stunde alleine verbringen moechte. Zurueck zum Park: Er wurde 1935 gegruendet, ist gross, kostenlos und erhaelt sowohl ein Fluss mit Strand als auch diese Erlebnisdinge. Wenn man den vorderen Tei verlaesst (was schnell geschieht), fragt man sich, ob man sich noch im staedtischen Park oder schon im Wald befindet. Es gab da sogar eine Stelle, wo ich gerne wuesste, ob ich noch in Nignij Nowgorod oder schon in Dubna bin – so aehnlich waren diese Waldlandschaften! Die Baeume sind da sehr gross geworden und sehen gesuender aus, als bei unserem letzten Besuch. Alla behauptet, es sei damit verbunden, dass mehrere Fabriken seit Perestojka nicht mehr funktionieren und die Umweltverschmutzung abnimmt. Kann sein, denn Wolga ist seit Perestrojka auch sauberer geworden. Es gibt nichts Schlechtes ohne etwas Gutes, wie man in Russland sagt. Ich fand den Park schoen, am Freitag gingen wir mit Alla noch mal dahin spazieren. 2. Tag – Montag Fast den ganzen Tag verbrachten wir im Garten der Babuschka Toma, wo wir auch die Tante Natascha trafen. Da war es nicht besonders interessant – wir sammelten die Beeren (viel leckerer als die aus Supermarkt!), der Vater half bei der Renovierung des Zauns und die Insekten haben mich gebissen. Sie sind entweder sehr giftig oder mein Immunsystem hat in Deutschland und Dubna vollkommen vergessen, was sie dagegen zu tun hat. Fast die ganze Woche habe ich davon gelittet! 3. Tag – Dienstag Babuschka Toma wollte mir auf jeden Fall einen teueren Geschenk machen. Am liebsten Schmuckstueck. Die ersten zwei Tage hat mich das im Zustand der Panik gebracht, denn es wuerde mir erstmal peinlich, die Oma zu ruinieren unfd zweitens mag ich die Schmuckstuecke ein bisschen weniger als meisten Maedchen, die sich ab und zu mit einem Weihnachtsbaum aehnlich machen. Na ja, wir fuhren wieder nach Sormowo – das ist ein moderner Stadtbezirk (Alla wohnt da), der weit vom Zentrum liegt, aber viele gute Geschaefte usw. hat. Zum Glueck fand ich ganz schnell das, was mi gefiel – ein Anhaenger aus Gold mit kleinen roten Granaten. Wie wir spaeter feststellten, paste es toll zu meinen Kleidung und mir. ;) Spaeter gingen wir – ich und meine Mutter – noch mal nach Sormowo, um Geschaefte durchzusuchen. Die Preise in Nignij Nowgorod sind im Grossen und Ganzen niedriger als in Dubna, weil es ja eine provinzielle Stadt ist. In diesem Fall benutze ich das Wort “provinziell” nicht als Beleidigung; ich finde, dass alle unseren Provinzen so gut kulturell und finanziell entwickelt werden sollten. Ausserdem haben wir den Trickfilm “Ratatuj” im Kino gesehen. Die Animation ist fantastisch! Die Idee ist relativ banal, aber das merkt man wegen guter Uebersetzung und einigen lustigen Sprueche nicht. Abends gingen wir mit Alla und Genja nach Sormowo-Park. Er wurde 1935 gegruendet, ist gross, kostenlos und erhaelt sowohl ein Fluss mit Strand als auch verschiedene Erlebnisdinge. Wenn man den vorderen Tei verlaesst (was schnell geschieht), fragt man sich, ob man sich noch im staedtischen Park oder schon im Wald befindet. Es gab da sogar eine Stelle, wo ich gerne wuesste, ob ich noch in Nignij Nowgorod oder schon in Dubna bin – so aehnlich waren diese Waldlandschaften! Die Baeume sind da sehr gross geworden und sehen gesuender aus, als bei unserem letzten Besuch. Alla behauptet, es sei damit verbunden, dass mehrere Fabriken seit Perestojka nicht mehr funktionieren und die Umweltverschmutzung abnimmt. Kann sein, denn Wolga ist seit Perestrojka auch sauberer geworden. Es gibt nichts Schlechtes ohne etwas Gutes, wie man in Russland sagt. Ich fand den Park schoen, am Freitag gingen wir mit Alla noch mal dahin spazieren. Nach unseren Beobachtungen ist die Stadt und ihre Bewohner im Allgemeinen “besser” geworden. Die Stadt – sauberer und neuer. Wir haben z. B. sehr viele renovierte Gebaeude und neue Geschaefte gesehen – sagen Sie bitte nicht, dass es kein gutes Zeichen ist. Die Menschen – freundlicher, ruhiger, besser bekleidet und aussehend. Die positive Entwicklung bestaetigen auch unsere Verwandten: “Vor zehn Jahren konnte man kaum leben. Heute kann man leben, es stellt sich nun die naechste Frage: Wie? Aber leben kann man ja.” 4. Tag - Mittwoch Endlich haben wir das alte Zentrum besucht. Die Fahrt mit dem Bus nahm uns fast die ganze Stunde weg – kein Wunder, denn heutzutage gibt es in Nignij Nowgorod mehr als 1 Mio. Einwohner. Oft kann man ein Kontrast-Bild sehen: Einerseits der Strasse stehen sowjetische Hochhaeuser, andererseit – alte einstoeckige Holzhaeuser, an die sich noch meine Oma erinnert; Beide sind bewohnt, dabei genissen die Hochhaeuser-Bewohner meistens alles Gute, was die Zivilisation zu bieten hat, im Gegenteil zu Ihnen haben manche Holzhaeuser-Bewohner sogar keine Wasserleitung. Als erstes sahen wir im Zentrum das alte grosse Handelgebaeude, in dem frueher europaeische Preise fuer Brot u. a. bestimmt wurden. Der Jahrmarkt, der in Nignij Nowgorod bis Oktoberrevolution regelmaessig stattfand, war auch weltweit bekannt. Und ueberhaupt: Vor Gruendung der Sowjetunion galt die Stadt als Handelszentrum. Grosse Rolle dabei spiellte die guenstige geographische Lage, von Nignij Nowgorod, naemlich Zusammenfliessen von zwei grossen russischen Fluesse (=Handelswege) – Oka und Wolga. Kreml (= alte Stadt) liegt auf dem rechten Ufer, der bei Nignij Nowgorod sehr hoch ist. Danach sahen wir den Denkmal von Tschkalow. Das war ein weltberuehmter sowjetischer Flieger, der in den 30-er mit seinem Flugzeug (stellen Sie sich nur die Maschiene, die damals als modern galt!) mehrere gefaehrliche Fluege gemacht hat – der bekannteste ist, glaube ich, von Moskau zu Nordpol und weiter nach Nordamerika. Seinen Namen finden Sie in jeder Enzyklopaedie. :) Daneben stand ein Turm und die Waende des Kremls, der am Anfang des XVI. Jahrhunderts gebaut wurde. Natuerlich kauften wir uns Tickets und gingen oben auf der Wand spazieren. Allgemeine Laenge der Wand ist groesser als 2 km, jedoch der Spaziergang ist kuerzer. Von oben hat man wunderbare Ansicht auf Oka und Wolga und sogar auf linken Ufer, wo die Gegend namens “Sawolgje” (“g” wieder wie in “Orange”, Wortakzent auf “o”) beginnt. Im Fruehling erghoeht sich der Wasserspiegel und das Wasser deckt grosse Flaechen der Sawolgje, deshalb war sie frueher wie heute kaum bewohnt. Frueher galt Sawolgje als ein Ort, wo man sich gut verstecken konnte; Unter “man” sind in diesem Fall sowohl entflohene hoerige Bauern als auch Bandite und Angehoerige der Religionen, die verfolgt wurden, gemeint. Die Ansicht und Perspektive sind wirklich wunderschoen!.. Viele Kuenstler, die die Stadt besuchten, haben den Wasserweg benutzt und wurden sehr davon beeindrueckt, wie schoen Nignij Nowgorod von dieser Seite aussieht. Ich hatte leider keine Moeglichkeit, um das selber festzustellen. Ansonsten besuchten wir das Innere des Kremls, aber viele historische Sehenswuerdigkeiten gibt es da nicht. Heutzutage wird diese Zone als Platz fuer Erholung und Spaziergaenge benutzt. Einer der zentralen Strassen – “Pokrowka” – haben wir auch gesehen. Wenn es nur eleine Schielder auf Russisch da gaebe, koennte man sie mit einer Pariser Strasse verwechseln – so breit, hell, sauber und lebendig ist sie. Auch schoen. Weiteres werde ich im August mit Fotos illustrieren und noch mal aufgreifen. 5. Tag – Donnerstag Die Tante Natascha war bei uns zu Gast. Abends ging meine Mutter zu Alla, um mit ihr die Nacht zu verbringen und morgen ihr zu helfen, einige Dokumente zu bestellen. Meine Mutter moechtet gerne, dass Alla uns in Deutschland besucht. Ich moechte das eigentlich auch, aber habe keine Ahnung, ob das klappt. 6. Tag – Freitag Spaziergang mit Alla im Park (s. oben). 7. Tag – Samstag Shopping. Abends besuchten uns Alla und Tante Natascha. Die Tante begleitete uns zum Hauptbahnhof. Wie auch immer beim Abschied, war ich ein bisschen traurig… Wer weiss, wann wir uns wieder treffen?.. Aber zahlreiche Eindruecke, die ich bei der Reise bekommt habe, erlaubten uns nicht, ganz depressiv zu werden. [Edit: Als wir zur Strassenbahnstation neben dem Hochhaus meiner Oma gingen, koennten wir betrachten, wie zehn oder fuenfzehn Kuhen den Grass (besser gesagt - Unkraut) kauten. Das habe ich zum ersten mal gesehen und glaube, dass ich davon berichten musste. Ohne solche Gegensaetze – wie Hochhaeuser und gleich daneben Kuhen – wuerde Russland eben nicht Russland.] ... link
novemberregen,
Freitag, 13. Juli 2007, 21:10
Ich finde das alles spannend, habe nur momentan nicht so viel Zeit zum lesen - werde das aber sicherlich nachholen. Danke nochmal für die ausführlichen Berichte!
... link
auslaenderin,
Montag, 16. Juli 2007, 17:42
Kein Problem - ich weiss sehr gut, welche negative Eigenschaften Zeit hat. :) Denn im Moment habe ich auch keine, um den Bericht zu vervollstaendigen (ich habe naemlich vergessen, dass wir noch in einem schoenen Kunstmuseum waren). Aber ich kann Ihnen auch versprechen, dass es nachgeholt wird. ;)
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auslaenderin,
Mittwoch, 18. Juli 2007, 16:08
Kunstmuseum
Also, hier ist die vergessene Beschreibung des Besuches eines Kunstmuseums in Nignij Nowgorod (ich entschuldige mich noch mal).
Dieses Museum befindet sich im staedtischen Kreml und besitzt eine wunderschoene Bildersammlung. Der Museum ist klein im Vergleich zu den meisten Museen von Moskau, St. Petersburg oder Paris, aber vergessen Sie bitte nicht, dass Nignij Nowgorod niemals eine Hauptstadt war. Meiner Meinung nach duerfen mehrere europaeische provinzielle Museen ihn als Vorbild betrachten. :p Mich beeindruckten vor allem die Kunstwerke von russischen Klassikern, die da mit wunderbaren Originalen dargestellt sind. In erste Linie Iwan Schischkin mit seinen Landschaften, die sowohl den erstaunlichen Realismus als auch ausgezeichnet gut wiedergegebene Atmosphaere und Idee enthalten. Wenn Sie Lust haben, koennen Sie ohne Probleme einige Abbildungen von seinen Werken im Internet finden, vielleicht werde ich hier auch etwas zeigen. Mir ist interessant, ob seine Bilder grob gesagt nur fuer Russen etwas wert sind, oder koennen alle unabhaengig von Nationalitaet da etwas fuer sich finden. Im Museum gibtes sind natuerlich andere nicht weniger bekannte Maler gut presentiert: z. B. Isaak Levitan mit seinen impressionistischen Bilder, Valentin Serov (mir gefiel da v. a. ein Portrait von Z. Yusupova), Viktor Vasnetsov (einige von seinen Bildern illustrieren russische Maerchen, deswegen ist er auch bei Kinder beliebt), Ilya Repin (mir fiel im Museum sein Portrait eines schuechternes Bauerns auf; seine Bilder geben oft durch “psychologische Portraits” das Leben der Menschen der niedrigeren Sozialschichten wieder)… Da sind auch einige Originalwerke von Nikolay Roerich oder Malewitsch dargestellt, die in Europa eher mehr bekannt und beliebt sind, und selbstverstaendlich anderen guten Malern (sogar westeuropaeischen, wie z. B. Lukas Kranach), die ich hier nicht alle aufzaehen moechte. Mir hat den Besuch Spass gemacht – wie auch immer beim Betrachten guten Kunstwerken. ... link ... comment |
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Letzte Aktualisierung: 2008.10.10, 12:35 status
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