*Geschichten einer Auslaenderin*
Freitag, 3. August 2007
Die ersten Illustrationen sind da!
Geniessen sie in den Kommentaren zu "Aller Anfang ist schwer", ganz am Ende.

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Mittwoch, 25. Juli 2007
“Moskau, die Haupstadt unserer Heimat…”
So die Standardformulierung der sowjetischen Zeit. Wie Sie schon bestimmt verstanden haben, haben wir auch Moskau, die Haupstadt unserer Heimat, besucht. ;)
Praktische Seite: Meinen Vater auf dem Weg zum Flughafen begleiten.
Alle anderen: Einige Sehenswuerdigkeiten besichtigen und meine Schwester in der Wohnung, die sie mietet, besuchen.

Kurze Auskunft: Moskau wurde im Jahre 1147 gegruendet. Erste historische Informationsquelle, wo die Stadt erwaehnt wird, ist (so weit ich weiss) ein Brief von Jurij Dolgorukij (der Gruender von Moskau). Das war die Einladung, in die Stadt zu fahren. Die erste Erwaehnung der Stadt ist also mit einem freundlichen Besuch verbunden, worauf die Bewohner der Stadt stolz sind.
Weiter entwickelte sich die Geschichte leider nicht so friedlich. Moskau war zunaechst eine Stadt aus Holz; es gab mehrere grosse Feuer, die sie praktisch wegloeschten. Der Kreml wurde auch mehrmals neugebaut. Die erste Version war auch aus Holz, da es aber nicht praktisch war, wurde sie im Laufe der Zeit durch ein Bauwerk aus weissem Stein ersetzt. Im Volksmunde war der Name “Moskau” noch lange mit Adjektiv “weisssteinig” gebunden; es galt als besonders grossartig und schoen. Als der “neue” Kreml aus rotem Ziegel erschien, wurde er deswegen mehrmals mit weisser Farbe gefaerbt. ;)
Uns ist heutzutage der rote Kreml bekannt – ich kann nicht sagen, dass er im Vergleich zum weissen haesslich aussieht.
Moskau hat zwei grosse Kriege ueberwunden und unzahlbare “lokale” Konflikte, die es in jedem Staat mit Monarchie gegeben hat. Im Jahre 1812 versuchte Napoleon Russland zu besetzen. Ach, der Naive! Er sollte lieber zu Hause in Europa bleiben… ;) Moskau hat er zwar besetzt, aber nicht erobert – Menschen setzten eigene Haeuser in Feuer und flohen weg. Eine Stadt ohne Bewohner, ohne Essen und Trinken, eine Stadt mit russischem Winter hat Napoleon bekommt. Das war ein Strategietrick von Kutusov (seinen Namen finden Sie auch in jeder Enzyklopaedie), der zunaechst keiner gut und passend gefunden hat und der am Ende doch Erdfolg gebracht hat.
Und selbstverstaendlich der Zweite Weltkrieg… Wenn ich den Roten Platz sehe, denke ich immer an die 18-Jaehrige, die damals vom Parade auf dem Platz gleich nach Front geschickt wurden… Ja, das war die Zeit…

Am Samstag morgen (14. Juli) sind wir mit dem Schnellzug von Dubna nach Moskau gefahren. Um 10 Uhr waren wir schon in der Wohnung (20-25 Minuten mit der U-Bahn vom Zentrum), die Schwester war nicht da, wir haben uns fuer spaeter verabredet. Nachdem wir etwas gegessen haben, gingen wir wieder zur U-Bahn-Station. Ich glaube, die moskauerische U-Bahn ist auch eine Art Sehenswuerdigkeit, denn sie ist eine der aeltesten, groessten, tiefsten und schoensten in Russland (ich vermute, auch in Europa). Am Anfang der Bauarbeiten in den 30-er Jahren wurden alle Stationen grosszuegig mit Natursteine, Mosaiken, ungewoenlichen Lampen, Saeulen usw. geschmueckt, je nach dem Namen der Station. Z. B. die Station “Mendeleewskaja” laesst sich durch Lampen in Form der Molekuelen leicht erkennen, denn Mendeleew war ein russischer Naturwissenschaftler, der das Periodensystem der chemische Elemente entwickelt hat. Modernere Stationen besitzen solche Merkmale selten.
Aber die Groesse der Stationen beeindruckt mich immer noch. Man kann schon vorstellen, welchen Eindruck sie frueher machten, als die Moskau gar nicht so ueberfuellt war wie heutzutage und als Autotreppen noch Symbol des technischen Vortschritt waren!..
Aha, da habe ich etwas von der Ueberfuellung Moskaus gesagt… Sie hat selbstverstaendlich etwas mit Zentralisierung und Wohnungsfrage zu tun (s. “Aller Anfang ist schwer”). Heutzutage wird sie durch schlechte Ekologie, stundenlang stehende Autoschlangen und zu viele Menschen im staedtischen Strassenverkehr ausgepraegt. Als wir im Moskau waren, haben wir kein dieser Merkmale beobachtet; es haengt wahrscheinlich davon ab, dass es Wochenende im Sommer waren, wenn alle Einheimischen danach streben, moeglichst weit weg von Moskau zu fahren.

Nach der U-Bahn-Fahrt sahen wir den Puschkin Denkmal auf der Strasse Twerskaja. Alexander Puschkin (1799-1837) gilt als groesster russischer Dichter, seine Werke und Biographie kennt bei uns jeder. Dieser Denkmal ist auch sehr beruehmt, in Moskau ist es ein typischer Ort fuers Treffen.

Die Fortsetzung folgt...

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Montag, 9. Juli 2007
Reise nach Nignij Nowgorod
Zuerst muss ich ein paar Woerter ueber den Namen dieser Stadt, die nord-oestlich von Moskau liegt, schreiben: Woertlich uebersetzt heisst sie “die niedrige Neustadt”. Nignij (“g” spricht man wie derselbe Buchstabe im Worte “Orange” aus) Nowgorod ist auf keinen Fall mit Welikij Nowgorod zu verwechseln – die zwei Staedte haben miteinander wenig zu tun. (Bitte nicht sofort “Ach, diese Russen!” sagen. Es gibt ueberall genug verwechselbare Namen – ein Beispiel dafuer sind zwei Nebenfluesse des Rheines: “Ruhr” und “Rur”.) In Zeit der Sowjetmacht hat die Stadt einen anderen Namen getragen, naehmlich Gorkij – nach dem Pseudonym eines russischen Schriftstellers, der aus Nignij Nowgorod stammte. Diesen Namen trifft man immer noch oft in Literatur und sogar Bahnhoefe, obwohl heutzutage heisst die Stadt wieder offiziel Nignij Nowgorod. Draus ergibt sich eine einfache Formel: Gorkij gleich Nignij Nowgorod ungleich Welikij Nowgorod. :)

So, nun faengt der Reisebericht an. Am Freitag abend (30. Juni) sind wir mit dem Express-Zug von Dubna nach Moskau gefahren. Es dauerte ein bisschen weniger als zwei Stunden. Diesen Weg kenne ich seit meiner Kindheit: Die Stationen, deren Namen an den Kanalbau (s. “Reise nach Russland”) erinnern; der Kanal selber, der sich ab und zu hinter einem Wallgraben sehen laesst; die Baeume im Wald, die waehrend meiner Abwesenheit groesser geworden sind… In Moskau mussten wir ca. 2 Stunden warten – die Atmosphaere neben Bahnhof gefiel uns nicht, aber wir hatten keine Ahnung, wo wir diese Zeit ansonsten verbringen koennten. Danach gingen wir in den Zug, der viel besser und bequemer aussah als die, mit denen wir frueher verreisten, da gab es modernere Materialien, alles war sauber und angenehm. Die Menschen, die mit uns im Wagen waren, ebenso. Eine Tante, die die Zuege oft benutzt, sagt, dass sie alle teuerer und besser geworden sind.

Ich glaube, ich muss Ihnen noch erklaeren, was das fuer einen Zug war, denn fuer Europaeer ist diese Art ehhhher ungewohnt. Stellen Sie sich ein Wagen mit mehreren Fenstern auf beiden seiten vor. Einerseits befinden sich jedem Fenster entlang zwei sogenannte Schlafregalen (= Schlafplaetze) – eine oben, eine unten, dann gibt es einen Durchgang und andererseits senkrecht zu jedem Fenster noch zwei Schlafregale unten und zwei Schlafregale oben. In der Mitte bei dem Fenster gibtes einen Tisch, unter den niedrigen Schlafregalen – Platz fuer Koffer, ganz oben – Platz fuer Bettwaesche und Matratzen. Diese Art heisst “Platzkarte”. Wenn es da nur vier Schlafregale (zwei oben, zwei unten) gibt, die vom Durchgang durch spezielle Tuere getrennt sind, heisst es auf Russisch “Kupe”. Kupeticket ist teuerer, deshalb ist Platzkarte populaerer. (Ich hoffe nun, dass ich die ganze Sache erklaert habe und nicht umgekehrt.)
Die Fahrt Moskau - Nignij Nowgorod dauert mit diesem Zug ca. 6 Stunden. Heutzutage existiert auch einen Zug, der fuer diesen Abstand 4 Stunden benoetigt, da kann man leider nur sitzen. Deswegen haben wir erste Variante bevorzugt. Die Nacht haben wir also im zug verbracht – das ist mir auch seit meiner Kindheit bekannt. Ich empfinde sowas immer als romantisches Abenteuer.
Fast den ganzen ersten Tag verbrachten wir bei meiner Oma namens Tomara (kurz Toma) in ihrer Zwei-Zimmer-Wohnung. Da leben wir immer, wenn wir in Nignij Nowgorod sind. Die Oma Toma… nein, das klingt schrecklich… sagen wir lieber fast auf Russisch Babuschka Toma… also sie ist fast 80-jaehrige Mutter meines Vaters und gleichzeitig ein exklusover Mensch. Wenn ich mit ihr nicht mehrmals gelebt haette, haette ich nicht geglaubt, dass es so einen Menschen geben kann. Ich beschreibe weiteres spaeter in den Kommentaren.

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Freitag, 29. Juni 2007
Reise nach Dmitrow
Morgen am Mittwoch (wahrscheinlich 27. Juni, wir haben hier leider keinen Kalender) fuhr ich mit M. und ihrer Mutter mit dem Zug, der in allen Kleinstaedten und Stationen neben Privatgaerten kurze Pausen macht, nach Dmitrow (Wortakzent im Russischen auf “i”).
Diese Stadt befindet sich noerdlich von Moskau (in derselben Richtung wie Dubna), jedoch ein bisschen naeher zur Hauptstadt. Soweit ich weiss, wurde Dmitrow 1154 von Jurij Dolgorukij (uebersetzt “Langarmig”) gegruendet und ist also 7 Jahre junger als von demselben Mann gegruendete Moskau. Jurij Dolgorukij gab der Stadt den Namen “Dmitrow”, weil sein Sohn Wsewolod den Namen “Dmitrij” nach der Taufe trug. Die wichtigsten Sehenswuerdigkeiten sind Kreml (ja, prajtisch in allen alten russischen Staedten gibt es oder zumindest gab es einen Kreml, nich nur in Moskau!) mit dem Wallgraben der Mittelalter und Kloster von Boris und Gleb fuer Maenner. Dmitrow ist und war zwar grosser als Dubna, bleibt aber immer noch “provinzieller”. Frueher war das viel staerker ausgepraegt und Dmitrow wurde sogar “die betrunkene Stadt” genannt. Jetzt wollen die Behoerden draus eine Stadt machen, die Auslandsreise wert ist – einerseits komisch, denn heutzutage es da viel zu viel teueren und billigen Kitsch, andererseits beneidenswert, denn aus diesem Grunde werden die Sehenswuerdigkeiten renoviert und das Leben in der Stadt durch neue Fussgaengerzonen, Parke, Blumen, Denkmaeler angenehmer gemacht.

Der Dmitrower Kreml wurde auch mehrmals renoviert worden, denn die Geschichte der Stadt war keine einfache: Da gab es Tataro-Mongolen (die fremden asiatischen Okkupanten, die in XIII. Jahrhundert grosse Flaeche in Russland militaerisch besetzten) und Feuer (der Grossteil der alten russischen Staedten wurde aus Holz gebaut, d. h. Feuer waren gewoehnlich, ebenso wir danach folgender Neuaufbau), die Kriege der Fuerstensoehne um die Macht (der alte Brauch aller koeniglichen Familien der Welt) und die grausamen Kaempfe des Zweiten Weltkrieges (genau durch Dmitrow wurde die magische Grenze – 71 km von Moskau – die die Wehrmacht nicht ueberwinden sollte, gezogen) usw. Jedoch die wichtigsten Merkmale der damaligen Architektur sind beibehalten. Die Flaeche hinter Wallgraben (also in Kreml drin) scheint heutzutage klein zu sein, jedoch im Mittelalter befand sich da eine normale Stadt. Es gibt zwei Kirchen mit Glockenturm, wo die Glocken alle 15 Minuten melodisch klangen, Museum, der geschlossen war, ein religioeses “Sonntagsgymnasium”, Park mit kleinem Teich und sogar ein paar alte Holzhaeuser, wo ihre Besitzer immer noch wohnen.
Als wir das alles besichtigt haben, gingen wir durch die Stadt zum Maennerkloster, der XII. gebaut wurde. Das verraet ja nich nur ein Schild, sondern auch die ganz einfache und in erster Linie funktionelle Architektur. Entweder fanden die Moenchen uns – drei weibliche Wesen – nicht attraktiv genug, um ihre Gedanken vom wahren Weg des Glaubens abzulenken, oder haben sie uns nicht bemerkt, auf jeden Fall durften wir alles ruhig besichigen, ohne jemanden zu treffen. Ich fand den Kloster schoen, aber wegen der Renovierung zu neu und kuenstlich huebsch aussehend. Der Garten daneben war gut gepflegt und schien europaeisch zu sein. Ich glaube, die Oligarchen Dmitrows haben zu viel Geld an Kloster ausgegeben in der Hoffnung, dass Gott genauso korrumpiert ist wie sie und fuer ein teueres Geschenk wie renovierten Kloster ihre Suenden verzeihen wird. :) Das ist selbstverstaendlich nur eine Hypotese. In Wirklichkeit hoffe ich, dass in ein paar Jahren die Gebaeuden da “natuerlicher” und aelter aussehen werden. Im Grossen und Ganzen war unsere Reise nach 5 Stunden zu Ende, andere Einzelheiten sind jetzt uninteressant.

In Italien hat meine Mutter unsere Digitalkamera fallen lassen, infolgedessen ist sie (Kamera, nicht Mutter) kaputt und befindet sich bei dem Hersteller. Nach Russland haben wir einen alten nicht digitalen Photoapparat mitgenommen, aber in Dmitrow hatte ich es nicht dabei, weil der alte Film zu Ende war und wir keinen neuen hatten. Aber die M., die genauso Fotos mag wie ich und meine Mutter, hat ihres Geraet mitgenommen und ca. 200 Fotos gemacht. Sie hat mich versprochen, sie auf einem CD zu brennen und mir bei der Gelegenheit zu geben. Ich denke, dass ein paar Illustrationen zum Bericht werde ich da auf jeden Fall finden und hier in den Kommentaren zeigen. :)

Am 30. Juni fahren wir nach Nignij Nowgorod zu unseren Verwandten und werden am 7. zurueckkehren. Da werde ich keinen Internetzugang haben, aber keine Panik, ich schreibe alles in Block auf und werde es danach in Dubna nur tippen. ;)

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Dienstag, 26. Juni 2007
Aller Anfang ist schwer
Die lange Reise nach Russland began nachts am 21. Juni. Um 6:30 sind wir schon abgeflogen und ungefaehr nach drei Stunden waren wir im Moskauer Flughafen Vnukovo. Ich muss erwaehnen, dass es zwischen “europaeische” und “moskauerische” ( = “von Moskau”) Zeit zwei Stunden Unterschied gibt. Wenn es in Koeln z. B. 3 Uhr ist, ist es in Moskau 5 Uhr. Weitere Zeitangaben, die hier auftauchen, werden in “Moskauzeit” angegeben.

Am Vnukovo wurden wir von unseren Verwandten abgeholt und nach meiner Heimatstadt Dubna mit dem Auto gefahren. Die Autobahn war im Gegenteil zu meinen Erwartungen nicht schlechter als in Deutshland, die Autofahrer achteten aber nicht besonders auf die Regel. Die Geschwindigkeit war in Grossen und Ganzen niedrier als auf die deutschen Autobahnen.
Mein Gott, was fuer eine Landschaft! Was fuer Natur! Die lieben Birken mit hellen Blaettern und duennen Aesten, sie stehen nicht sehr nah zu einander und man kann die weiter entfernten Baeume sehen und Wasser und Himmel… Ich habe diese einfache Ansicht so vermisst! Auf ein mal fuehlte ich, dass ich mich wieder zu Hause befinde, dass ich hier richtig bin. Ich haette vor Glueck weinen koennen…
Aber Schluss mit Emotionen, ich gebe Ihnen lieber kurze Auskunft ueber Dubna (ich werde hier den Grossteil der Zeit verbringen, es ist also wichtig).

Dubna gilt als die noerdlichste Stadt der Moskauer Region und ist ungefaehr 120 km von der russischen Hauptstadt entfernt. Dubna wurde von ca. 50 Jahren als eine “Physikstadt” und “Stadt der Wissenschaft” (der offizielle Status) gegruendet, weil da ein weltberuehmtes Forschungszentrum fuer Kernphysik gebaut wurde. Frueher waren fast alle Bewohner die Mitarbeiter des Zentrums, das waren also “die Intelligenten”, und zwar im alten russischen Sinne: Menschen mit gutter Ausbildung und entsprechender beruflicher Beschaeftigung, die nicht unbedigt reich waren, aber auf jeden Fall moralische Prinzipien und nicht nur materielle Beduerfnisse hatten. Die Stadt war und ist klein (heutzutage zaehlt man da ca. 70 000 Bewohner), intelligent, still, sauber…
Sie befindet sich auf den beiden Ufern des Flusses Wolga, der da ein bisschen enger als Rhein bei Koeln ist, in der Naehe gibt es auch verschiedene Waelder. Andere Fluesse wie Sestra, Dubna-Fluss und Moskau-Fluss sind von der Stadt etwas entfernt. Es gibt auch einen kuenstlichen Kanal, der die Fluesse Moskau und Wolga verbindet. Er wurde in der Zeit der Repressionen Stalins von der Zwangsarbeitern gebaut – ich glaube, viele davon waren die Intelligenten und viele sind bei schweren physischen Arbeiten ums Leben gekommen. Jetzt sieht der Kanal ganz friedlich aus, aber ich muss immer wieder an seine Geschichte denken…
Wie Sie es schon bestimmt erraten haben, ist die Stadt vom Wasser umgegangen. Es ist da also nass im Vergleich zum anderen Staedten in der Naehe (aber trocken im Vergleich zum Westeuropa), frueher gab es auch sehr viele Sumpfe in der Gegend. Der Grund ist fuer Fruchtbarkeit oder schnellen Wachstum der Pflanzen eher unpassend, nur Unkraut fuehlt sich ueberall wohl.

Um 5 Uhr waren wir schon in unserer lieben alten Wohnung auf der neunten und letzten Etage des Hochhauses. In einer Reihe stehen da drei sehr langen und aehnlichen Hochhaeuser, die in ihrer Form der Ziffer 7 entsprechen. Im Volksmunde nennt man sie “erste Sieben”, “zweite Sieben” und “dritte Sieben”. Unser Haus ist “dritte Sieben”. Vor der ersten Sieben befindet sich die Schule #6 (in 5-Minuten-Entfernung), die ich bis zum Umzug nach Deutschland besucht habe. Sie gilt als die beste Schule der Stadt und eine der besten im Moskauer Region – das ist auch wahr. ;)
Die Wohnung wirkte in erste Linie als verlassen und schmutzig – drei Jahre besuchte sie meine Schwester ab und zu, aber keiner lebte da… Nichts zum Putzen, nichts zum Essen, nichts zum Schlafen… In den naechsten drei Tagen hatten wir enorme Arbeit geleistet – naehmlich einkaufen, wechseln, putzen. Die Preise in Dubna sind ungefaehr so gross wie in Deutschland, im Gegenteil zu den Loehnen der Einheimischen. Dies ist vor allem durch die Naehe der Haupstadt verursacht, denn Russland war und ist viel mehr “zentralisiert” als Deutschland (ich glaube, es laesst sich mit Frankreich vergleichen). Moskau ist eine verdammt teuere Stadt, besonders was die “Wohnungsfrage” angeht. Der Begriff “Wohnungsfrage” wurde zum ersten Mal vom russischen Schriftsteller M. Bulgakov noch bei Stalin verwendet und ist heutzutage auch sehr beliebt. Ein Quadratmeter der Wohnungsflaeche relativ weit vom Zentrum kostet da im Moment ca. 4 Tausend US-Dollar, was natuerlich unglaublich viel ist. Die Preise steigen staendig seit “Perestrojka”, also seit 15 Jahren. Man kann schon verstehen, dass die Wohnungsfrage problematisch ist.

Die Schwester war bei uns mit ihrem Freund am Wochende. Ganz nett. Man konnte sie fast nicht wiedererkennen, weil sie uns kein hysterisches Verhalten demonstrierte, was eigentlich zu ihren Lieblingsnummern gehoert. Wahrscheinlich liegt es daran, dass sie eine Art Verantwortung empfand, weil sie naehmlich als Herrin da war und wir – als ihre Gaeste. Jetzt sind sie wieder in Moskau, wo sie arbeiten und leben. Es ist hier also ein bisschen ruhiger geworden.

Gleich am ersten Tag habe ich die M., meine alte Freundin, angerufen. Wir hatten den Jontakt immer behalten. Als ich ihre Stimme hoerte, wusste ich sofort, dass es sie war. Ach die M., die alte gute M., du warst manchmal egoistisch, manchmal hysterisch, manchmal langweilig – aber du bist eben du geblieben, und das ist doch das Wichtigste, denn ich liebe dich mit allen deinen Eigenschaften. Die T. war die naechste, die ich anrief, und die war nicht zu Hause. Als sie mich zurueckrief, wusste ich aber auch gleich, dass es sie war. Mein Gott, ist sie dieselbe geblieben – die ironische, hilfsbereite, kluege und die Internet-nicht-gerne-aufsuchende T.! Du hast mich nicht besonders oft geschrieben, aber du hast einen Platz in dienem Herzen fuer mich reserviert, und das ist zumindest genauso schoen… Am zweiten Tag verbrachte ich eine Stunde mit M. und gleich danach eine Stunde mit T. – ich habe mich so gefuehlt, als ob es keine drei Jahre her vom unseren letzten Treffen waeren. Ich wusste gleich: Das ist ja mein Kreis. Mein. Kreis. Den ich am liebsten gar nicht verlassen moechte und wuerde – aber das Leben hat etwas anderes vor.

Keine Zeit mehr!.. :( Aber ich werde spaeter ueber alles genauer berichten, keine Sorge!.. Wie fanden Sie eigentlcih diesen Teil des Reiseberichts?

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Mittwoch, 9. Mai 2007
Spricht und zeigt Moskau!
Das ist die traditionelle Anrede am Anfang der Parade. Heute ist 9. Mai, in Russland nennt man es den Tag des Sieges. Es ist ein besonderer Feiertag - er ist gleichzeitig frohlich, denn am diesen Tag wurde der grausame und unendlich lange Krieg beendet, und traurig, denn der Sieg kostete Millionen Toden. In Russland assoziert man damit Parade, Feuerwerke, ewige Flame, rote Nelken, wunderschoene Lieder der Zeiten des Grossen Vaterlaendischen Krieg (auch dieser Name des zweiten Weltkrieg ist in Russland weit verbreitet und zeigt, wie mein Volk ihn wahrnimmt), Traenen in Augen der Veteranen... Das war die Zeit, die alle Menschen in der UdSSR vereinbarte: Es gab nur eine einzige Ziel - gemeinsamen Feind zu bekaempfen. Nur die, die es erlebt haben, wissen, wie schwierig es damals war: Okkupation, Bomben in Moskau, Kampf um Stalingrad, Blockade von Leningrad... Heute vergessen viele Laender, was die UdSSR fuer den Sieg gemacht hat. Das ist natuerlich mehr als schade (ich kann einfach kein passendes Wort finden), aber wir duerfen es nicht vergessen. "Der Sieg meines Grossvaters ist mein Sieg!"

Kurz gesagt: Ich gratuliere allen zum Tag des Sieges! Und sage "Danke" fuer alle, die den Sieg ermoeglicht haben! (Spaeter werde ich wahrscheinlich Bilder der 1. Parade am 9. Mai 1945 und der heutigen suchen und hier zeigen...)

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Montag, 30. April 2007
Was zum Lachen
Gestern war bei uns ein alter Familienfreund und selbstverstaendlich gab es viel Geschichten aus der Zeit der Jugend meiner Eltern. Eine hat mein Vater (weiter mit "V." bezeichnet) erzaehlt - sie erhoehte meine Laune trotz Estland. Ich hoffe, dass es bei Ihnen genauso funktionieren wird, obwohl es mir schwer faellt, das Ganze zu uebersetzen. Das sollte man eigentlich erzaehlt hoeren...

In der UdSSR fuhren die meisten Studenten waehrens ihrer Ferien in Gruppen nach "Lande" - nach irgendwelche Doerfe, nach Sibirien, andere Republiken usw - um da anstrengende physikalische Arbeit bei Aufbau verschiedenen wirtschaftlichen Gebaeuden oder bei Wirtschaftsarbeit zu erledigen. Erstens wegen Propaganda (man half ja, den Bauern Sozialismus/Kommunismus aufzubauen), zweitens wegen Geld (viel war das nicht, aber die Studenten waren damit zufrieden), drittens wegen Abwechslung.
Einmal ist der V. mit zwei Freunden - einer davon ist Hauptfigur, nennen wir ihm "F." zweiter spielt keine grosse Rolle und bleibt deswegen namenlos - nach irgendwelchen kleinen Dorf in fast unberuehrter Natur gefahren. In der Naehe gab es eine "Zone" - eine Art Gefaengnis, wo sich die Gefangenen mit Strafen fuer schwere Verbrechen befinden und sehr viel und sehr hart arbeiten muessen. Ein Treffen mit einem Unbekannten im Walde war in der Gegend mit einer Todesgefahr gleichzusetzen, weil die Gefangenen ab und zu davon flohen.

F. hatte zur Zeit schon eine Glatze und nahm es als eine Katastrophe wahr. In der Hoffnung das Wachstum des Haares zu foerdern, bittete F. meinen V., ihn einen extrem kurzen Haarschnitt zu machen. Damals gab es noch keine "Skinheads" und ein Mensch mit solcher "Frisur" galt als unanstaendig (die Gefangenen von der "Zone" waren uebrigens zwangsmaessig so "geschnitten"). F. nahm an, dass keiner ausser seine Freunden ihm in der Zeit sieht. Der V. hat die Bitte erfuellt.

Am naechsten Tag arbeitete V. und sein zweiter Freund bei der Aufbau in der Hoehe von ungefaehr 10 m, der F. befand sich unten. V. hat von oben ein Auto gesehen, das ein mal pro Woche im Dorf kam und das Essen dahin brachte.
V. u zweiter Freund: F., das Auto! Geh mal schnell was holen! Du bist ja sowieso unten.
F.: Auf keinen Fall! Ich kann nicht zu den Leuten gehen, ich bin ja haarlos...

Auch ein paar Instrumente, die V. und zweiter Freund im armen F. geworfen hatten, haben nicht geholfen, denn F. versteckte sich ganz schnell. Sie haben das Auto verpasst.

Abends entdeckten sie eine Flasche des Kompottes und zwei Flaschen Wodka zu Hause.
V. u zweiter Freund: Na, F., was willst du lieber trinken?
F.: Das Kompott.
V. u zweiter Freund: OK, es gehoert dir. Vielleicht wirst du danach ein bisschen leckerer schmecken...
und sie sahen zu einander, als ob sie F. wirklich fuer Essen hielten. :)
F.: Hoert mal, ich habe mein Schuld schon eingesehen. Ich geh' lieber zur Oma und frage nach Kartoffeln, vielleicht hat die welche.

Diese Oma war uralt, lebte alleine im Nachbarhaus und empfand Sympathie zu den Studenten, da sie nach ihrer Meinung ihre Mutter-Zaertlichkeit brauchten.
Als haarloser F. bei ihr klopfte, hat sie ihm nicht anerkannt. Er hat nicht aufgegeben und klopfte staerker und staerker, sie hat ihn als einen Mensch aus "Zone" identifiziert, bekam Angst und hat eine Barrikade aufgebaut. :) Ich glaube, es war eine sehr gesunde Oma, ansonsten haette sie Herzinfarkt gekriegt.

Nach 20 Minuten ueberzeugte F. sie davon, dass es eben er ist. :) Danach sagte Oma mit grosser Unzufriedenheit: "Was hast du nur gemacht!? Kein Polizist wird dich mehr durch die Strasse gehen lassen!"

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Samstag, 21. April 2007
Interessierte an Reise nach Russland, bitte melden!
Im Sommer fahre ich wahrscheinlich nach Russland und werde drei Staedte inkl. Moskau besuchen. Ich hoffe, dass diese Reise nicht nur Freude vom Treffen mit den Verwandten und Freunden bereiteт, sondern auch einen "Entdeckungselement" enthalten wird. Denn war ich schon drei Jahre nicht da - eine lange Zeit - und werde bestimmt etwas Neues oder Vergessenes finden.
Man muss ja ein bisschen warten, bis Sommerferien kommen, aber ich denke sehr oft daran und kann mich einfach nicht beruhigen.

Sind Sie, meine Leser, daran interessiert? Wenn ja, dann bitte melden. :) Im diesen Fall werde ich mich erstens freuen und zweitens ein bisschen mehr Informationen geben - ich werde mich also an meine deutsche Leser orientieren. :)

Im anderen Fall werde ich hier auch ab und zu was aufschreiben, aber in eine andere Weise, die Ihnen wahrscheinlich weniger interessieren wird.

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Freitag, 12. Januar 2007
Stalin
Von einer Disskussion ueber russische Kultur sind wir -mark793 und ich - zur einen Disskussion ueber russische Politik gekommen. :) Genauer gesagt lautet das Thema: Stalin und seine Zeit.

Je mehr ich von Hitler und Stalin erfahre, desto ueberzeugter ich bin: Die beiden Regimes haben sehr viele Gemeinsamkeiten. Hitlerjugend? In Sowjetunion - Oktjabrjata, Pionieren, Komsomol. Staatspolizei? In Sowjetunion - Tscheka. Personenkult, Repressionen, Lager? In beiden Laendern. Propagandaminister Goebbels? In Sowjetunion - eine Gruppe der Kuenstler "Kukriniksi".

Aber ich weiss nicht genau, was Ihnen (also nicht nur mark793, sondern alle) zum Thema einfaellt bzw. besonders interessiert.

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Samstag, 30. Dezember 2006
Russische Kultur/Literatur
Bei der Disskussion(https://auslaenderin.blogger.de/stories/645084/#647994) habe ich Entscheidung getroffen, ein neues Thema anzufangen.
Nun ein bisschen ueber Russland bzw. ueber die Vorstellung, die man da und im Westen vom Land hat. Es beeinfluesst auch die Wahrnehmung der Literatur und andere Kunstwerke, nicht wahr?
Ich hab' das Gefuehl, dass die Deutschen ungefaehr solche Assoziationen zum Wort "Russland" haben: Wodka - "Kalinka" (das Lied) - "Babuschka" (warum nennt man so in Deutschland diese Holzpuppen? "Babuschka" heisst "Oma" und hat mit dieser Spezialitaet nichts zu tun; in Russland nennt man sie "Matreschka") - Moskau (sehr abstrakt, nur als Haupstadt). Koennte man ueberhaupt Interesse zum Kultur solches Landes haben? Man zweifelt eher, ob es da Kultur gibt.
Meine Assoziationen zum Wort "Russland":
- Das groesste Land auf der Erde;
- Der Sieg im Zweiten Weltkrieg;
- Erster Kosmonaut war ein Russe (J. Gagarin);
- Die Birke (als Symbol);
- ...
Ist schon besser, oder?
Mein persoenlicher Eindruck ist, dass man in Russland schon immer mehr auslaendische Literatur gelesen hat, als umgekehrt - s. oben.
Das ist ja auch nicht so schlimm - ich kenne z. B. die chinesische Literatur auch nicht. Einfach schade...
Ich wurde gefragt, ob ich irgendein russisches Buch empfehlen kann. Natuerlich! Aber zunaechst moechte ich wissen, wofuer interessieren Sie sich genau? Moderne Literatur oder eher Klassik?

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Letzte Aktualisierung: 2008.10.10, 12:35
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